Das Kraftwerk Mitte - eine neue multikulturelle Einrichtung
Es ist immer wieder schade, wenn ein Ort oder ein Gebäude aus der Kindheit verschwindet.
Das habe ich erst vor kurzem wieder festgestellt, als ich hörte, dass sich das Theater Junge Generation einen neuen Standort suchen würde. Früher besuchte ich besonders zur Weihnachtsszeit oft das Tjg und verbinde damit viele Erinnerungen. Doch weil das alte Gebäude des Tjg`s langsam baufällig wurde, beschloss man, sich einen neuen Standort zu suchen. Zusammen mit der Staatsoperette zog das Tjg in das Kraftwerk Mitte.
![]() |
Blick auf das Gebäude |
Da ich regelmäßig ins Theater gehe und auch selbst am Tjg spiele, war ich also gezwungen, mich an das neue Gebäude zu gewöhnen. Doch meine anfängliche Distanz löste sich schon bei der Hinfahrt auf, denn das Kraftwerk Mitte liegt viel näher am Zentrum als der alte Standort, wodurch auch mein Hinweg wesentlich kürzer wurde. Zudem stellte ich schnell fest, dass das Kraftwerk Mitte noch viel mehr zu bieten hat als nur Theater! In dem riesigen Gebäude befindet sich neben der Staatsoperette Dresden ebenfalls ein Energiemuseum, in dem man von den Wandlungen der Gas- und Stromproduktion erfahren kann; die Hochschule für Musik; das Heinrich-Schütz-Konservatorium; ein Pilates - und Yogastudio und - für die jungen Leute wahrscheinlich am interessantesten ;) - eine Eventlocation, also ein Club, der sich in der ehemaligen Transformatoren- halle des Kraftwerks Mitte befindet.
![]() |
ehemaliger Betriebsraum |
Doch das Kraftwerk Mitte war nicht immer eine multikulturelle Einrichtung. Im 20. Jahrhundert war es ein wichtiges Zentrum der dresdner Stromversorgung, in dem sogar noch bis vor wenigen Jahren Strom produziert wurde. Erbaut wurde das Gebäude aber schon 1838, und stellte ab da an als Gaswerk Altstadt die größte Gasversorgung in Dresden bereit. Zu der Zeit war die Gasversorgung in Deutschland allgemein noch relativ neu, sie begann erst 1825 in Hannover. Doch damit brachte sie einen riesigen Fortschritt für die Beleuchtung. Wenn Lampen vorher nur mit Spiritus oder Rüböl betrieben werden konnten und dazu noch ziemlich wenig Licht abgaben (zudem mussten sie nachgefüllt und beaufsichtigt werden), hatte man nun eine in der Handhabung einfachere und außerdem auch hellere Beleuchtungsquelle. Der größte Vorteil der Gasbeleuchtung lag allerdings darin, dass sie eine wesentlich billigere Alternative zu den anderen Beleuchtungsmethoden darstellte und man nun ganze Straßen und Gebäude mit Licht versorgen konnte. Doch auch diese Energiequelle wurde bald abgelöst, denn am 28.11.1895 wurde im Kraftwerk Mitte das Licht-Werk eingeweiht und damit ab sofort Strom produziert. Dies war der Beginn der ersten öffentlichen Stromversorgung Dresdens und das Kraftwerk Mitte dadurch auch das erste städtische Elektrizitätswerk, das für die Erzeugung und Lieferung elektrischen Stroms zuständig war. Die Stromversorgung einer Region durch Kraftwerke und Stromnetzte begann übrigens in den 1880er Jahren als Folge der industriellen Revolution.
![]() |
Treppe des Tjg und der Staatsoperette |
Doch da mit dem Ende der DDR die neu gegründete "Drewag Stadtwerke Dresden GmbH" für die Energieversorgung verantwortlich wurde, fand sich kein Betreiber mehr für das Kraftwerk Mitte, weshalb es 1994 stillgelegt wurde. Seitdem gab es immer wieder Pläne für Renovierungen und anderweitige Nutzungen und schließlich, wie ihr ja wisst, ist nach 22 Jahren das Tjg mit der Staatsoperette in das Kraftwerk Mitte gezogen. Obwohl seitdem viele Renovierungsarbeiten stattfanden, (und es unter anderem ein ziemlich schickes Café am Eingang des Kraftwerks gibt), behalten die Räume des alten Gebäudes immer noch ein Stück des einztigen Industriedenkmals.
Das Kraftwerk Mitte ist also auf jeden Fall einen Besuch wert, egal ob ihr es zum Tanzen, für Pilates, oder einfach nur um Neues zu entdecken, besucht. Und wen ich bis hierhin immernoch nicht überzeugt habe, weil er beispielsweise denkt, im Tjg gäbe es nur Stücke für Kinder, für diejenigen habe ich noch eine ganz spezielle Empfehlung: Holt euch Karten für das Stück "Besuchszeit vorbei", das seit der letzten Spielzeit in besonderem Format am Tjg zu sehen ist. Obwohl es als Puppentheater aufgeführt wird, ist das Stück nichts für schwache Nerven und berechtigter Weise erst ab 16 Jahren. Denn es behandelt Themen wie Tötung, Exekution und Hinrichtungen, welche durch die Puppen in voller Härte präsentiert werden können. Auch wenn ich völlig geschockt aus dem Stück herrausging kann ich euch nur wärmstens empfehlen, mal vorbeizuschauen! Ich jedenfalls bin völlig begeistert davon.
![]() |
Eingang Tjg, Staatsoperette |
Ich hoffe, ihr verzeiht mir, dass mein heutiger Blogeintrag etwas länger geworden ist, aber ich euch trotzdem eine neue Inspiration zur Entdeckung Dresdens geben konnte und ihr ein paar geschichtliche Hintergrund- informationen behaltet. Ich freue mich natürlich auch, wenn ihr einen Kommentar hinterlasst. Vielleicht habt ihr das Kraftwerk Mitte ja schon besucht, oder habt ähnliche Insider-Tipps, die ihr mit uns teilen wollt;)
Bis zum nächsten Mal,
Eure Mimi
Quellen:
- http://dresdner-verlag.de/strombuch
- http://www.vernetzte-er.de/dev/index.php?option=com_content&view=article&id=89&Itemid=88
- http://www.kraftwerk-mitte-dresden.de/erleben/standort.php
- http://www.tjg-dresden.de/home.html
- http://www.home.hs-karlsruhe.de/~lagu0001/allgemeines_historisches_energieversorgung_deutschland.htm
- http://www.udo-leuschner.de/pdf/gasversorgung.pdf
Kommentare
Kommentar veröffentlichen